5. SONNTAG der Osterzeit

Evangelium nach Johannes (15,1-8)

 

Bin ich wirklich ein (guter) gläubiger Christ? Wann bin ich das? Zunächst einmal: Christlich glauben ist viel mehr als einige Lehrsätzen, sgn. ‚Glaubenswahrheiten‘ für wahr halten! Ich kann alles über Jesus Christus wissen und all das, was man von ihm erzählt für wahr halten, aber deswegen bin ich noch kein Christ. Mein Verstand sagt „ja“, aber wie ist es mit meinem Herzen?

Oder ist ein guter Christ ein Mensch, der ein anständiges, ordentliches Leben führt, die Gebote hält, sich einsetzt, wo einem anderen Unrecht geschieht, darauf achtet, dass man gut miteinander auskommt? Aber das tun doch auch viele, die nicht an Jesus Christus glauben.

Wann bin ich also ein guter Christ? Auf diese Frage gibt Jesus im heutigen Evangelium eine Antwort, nicht indem er uns eine Definition von „Christsein“ gibt, sondern mit Hilfe eines Bildes. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte! Das wunderschöne Bild eines Weinstocks und und seiner Reben.

Ein Rebenzweig kann nur am Leben bleiben, wenn er mit dem Weinstock verbunden ist. Sonst bekommt er keinen Lebenssaft mehr, verliert seine Kraft, verdorrt, stirbt. Denn Früchte, Trauben, kann er - nur aus sich heraus - nicht bringen. So kann ich nur Christ sein, wenn ich in fester Verbundenheit mit Jesus lebe. „Wer mit mir verbunden bleibt, so wie ich mit ihm, in dem kann ich wirken, und er wird viel Frucht tragen.“ Um als Christ leben und handeln zu können, brauche ich die mich bewegende Lebenskraft von Jesus: Seine Gedanken, Vorstellungen, Gefühle, die ich in mir aufnehme, mir aneigne, die mich motivieren und vorantreiben.

Der Apostel Paulus nennt das „die Früchte des Geistes“: Liebe, Freude, Friede, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung. Das sind gute Früchte, die unsere menschlichen Beziehungen schöner machen, ja unsere kleine Welt und unser Leben lebenswert machen. Im Grunde genommen sind das alles verschiedene Formen von „einander lieben“. Und so fasst Jesus es auch zusammen: Liebt einander!

Aber er fügt noch etwas Überraschendes hinzu: „Wer das tut, der lebt in Gott, und Gott lebt in ihm.“ Wenn wir lieben, lebt Gott in uns, denn - so heißt es z.B. im ersten Johannesbrief - „Gott ist Liebe“. Es gibt da das wunderschöne Lied (ein Kanon!), wo wir singen: „Ubi Caritas et Amor“ (überall wo geliebt wird), „Deus ibi est“ (dort ist Gott). Überall dort, wo wir einen Mitmenschen lieben (in sehr unterschiedlicher Form), dort ist Gott dabei, dort wirkt Gott in uns, ist seine Liebeskraft in uns tätig, dort lieben wir - zusammen mit Gott, vereint mit Gott - diesen Menschen.

Wir wissen natürlich auch ganz genau, dass wir es oft nicht zusammenbringen, so zu lieben, weil in uns auch andere Kräfte wirken: Neid, Egoismus, Eifersucht, Herrschsucht... Unsere Liebe bleibt immer Stückwerk. Deswegen meint Jesus: Nur wenn ihr mit mir verbunden bleibt - wie die Reben mit dem Weinstock - kann ich in euch, kann Gott in euch - mit seinem Lebenssaft, mit seiner Liebe - wirken.

Deswegen heißt es auch im Johannesbrief (1. Lesung): „Deshalb, meine Kinder, lasst uns einander lieben: nicht mit leeren Worten, sondern mit tatkräftiger Liebe und in aller Aufrichtigkeit. Daran zeigt es sich, dass Jesus Christus unser Leben bestimmt.“ Dann sind wir echte, gläubige Christen.

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